Analysenspektrum Molekulargenetik

Muskeldystrophie, Duchenne / Becker (DMD)

OMIM: 310200, 300376
Diagnostik:

Stufendiagnostik:
1. CNV: DMD
2. Sequenzierung: DMD

Material:

2 ml EDTA-Blut

Analysezeit: Stufe 1: 1 Woche; Stufe 2: 6-8 Wochen
Formulare:  

Die Muskeldystrophie Typ Duchenne (DMD) ist eine neuromuskuläre Erkrankung mit progredientem Muskelschwund und Schwäche und ist mit einer Prävalenz von 1:3.500 (männliche Neugeborene) die häufigste Muskelerkrankung im Kindesalter. Aufgrund des X-chromosomal rezessiven Erbganges sind fast nur Jungen betroffen. Mädchen und Frauen sind in der Regel symptomlos, nur ein kleiner Prozentsatz der Konduktorinnen manifestiert eine leichtere Form der Krankheit.

Die DMD manifestiert sich im 2. – 5. Lebensjahr mit einer proximalen Muskelschwäche (Schwäche der Becken- und Oberschenkelmuskulatur) und ist charakterisiert durch eine langsame, watschelnde Gangart, Krümmung der Hals- und Lendenwirbelsäule (Lordose), häufiges Stolpern und Fallen, sowie Schwierigkeiten beim Aufstehen und Treppensteigen. Fast alle Betroffenen zeigen eine Myocardbeteiligung und respiratorische Insuffizienz.  Der Erkrankungsverlauf ist progredient, so dass die meisten Betroffenen im frühen Jugendlichenalter ihre Gehfähigkeit verlieren. Die DMD hat eine schlechte Prognose, die Lebenserwartung ist signifikant reduziert, die Patienten versterben im frühen Erwachsenenalter, zumeist an den Folgen der Kardiomyopathie und Ateminsuffizienz.

Die milder verlaufende Muskeldystrophie Typ Becker (BMD, Synonym: Typ Becker-Kiener) tritt mit einer Häufigkeit von 1:20.000 (männliche Neugeborene) auf und betrifft ebenfalls die Becken- und Oberschenkelmuskulatur. Sie beginnt später, verläuft langsamer und zeigt eine nur mäßige Reduktion der Dystrophinexpression, so dass die Gehfähigkeit bei vielen Patienten bis zum 60. Lebensjahr erhalten bleiben kann.

Eine ursächliche Therapie ist bisher nicht möglich. Der Verlauf der Muskelkrankheit lässt sich aber durch Krankengymnastik und Medikamente verzögern. Therapeutischer Goldstandard sind Kortikosteroide (Prednisolon, Prednison oder Deflazacort). Seit kurzem ist ein neues Medikament (Atularen; Translarna) seitens der europäischen Arzneimittelagentur EMA als Orphan Drug für die Behandlung der DMD zugelassen.

Klinisch kommt es sowohl bei der DMD als auch bei der BMD zu einem fortschreitenden Abbau der Muskelzellen. Ursache des Muskelschaden ist bei dieser Krankheit das vollständige, durch Mutationen im DMD-Gen (Xp21.2) bedingte Fehlen des Sarkolemma-Proteins Dystrophin. Dystrophin ist für die strukturelle Stabilität der Skelett-, Zwerchfell- und Herzmuskulatur wichtig. Die Verdachtsdiagnose ist gestützt auf Klinik, Familienanamnese und den Laborbefund einer 100-bis 200-fach erhöhten Serum-Kreatinkinase (CK-Wert). Auch bei weiblichen Überträgerinnen einer DMD oder BMD kann der CK-Wert erhöht sein.

Verursacht wird die Muskeldystrophie Typ Duchenne/Becker durch Mutationen im Dystrophin-Gen (DMD-Gen), das auf dem langen Arm des X-Chromosoms (Locus Xp21.2) kartiert. Mehr als 98 % der Mutationen verursachen hierbei eine Verschiebung (Frameshift) des Leserasters und führen damit zu einem kompletten Verlust des Dystrophinproteins. Etwa 30% der Betroffenen erkranken aufgrund einer Neumutation. In ca. 70% handelt es sich um familiäre Fälle, in denen die Mutter Überträgerin (Konduktorin) der Erkrankung ist. Das Risiko für Söhne von Konduktorinnen zu erkranken und das Risiko für Töchter, Konduktorin zu sein, ist jeweils 50%. Das Angebot einer genetischen Beratung ist für die betroffenen Familien daher sehr wichtig.

Indikation:

  •     Muskelschwäche unklarer Ätiologie
  •     stark erhöhte CK-Werte unklarer Ätiologie
  •     Differentialdiagnostik bei Verdacht auf DMD/BMD

 

siehe auch
Gliedergürtel-Muskeldystrophie
Muskeldystrophie kongenitale
Neuromuskuläre Erkrankungen – allgemeine Informationen

Zusätzliche Downloads: