Neuromuskuläre Erkrankungen
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Früherkennung und genetische Beratung in Hamburg
In Deutschland sind schätzungsweise rund 150.000 bis 200.000 Menschen von neuromuskulären Erkrankungen betroffen. Diese Erkrankungen umfassen etwa 800 verschiedene Krankheitsbilder. Ihre genetische Vielfalt ist ausgesprochen groß, wobei pathogene Varianten zu klinisch überlappenden oder auch ganz unterschiedlichen Krankheitsbildern führen können. Typische Symptome bei neuromuskulären Erkrankungen sind unter anderem eine Muskelschwäche, rasche Ermüdbarkeit der Muskulatur, Muskelschwund, Muskelschmerzen sowie Muskelkrämpfe. Je nach Ursache können die Symptome entweder lokal auftreten oder den ganzen Körper betreffen.
Neben den selteneren Myasthenien lassen sich die Erkrankungen v. a. in zwei Hauptkategorien aufgliedern:
- Neurogene Muskelatrophien
- Myopathien
Neurogene Muskelatrophien (Denervationsatrophie) entstehen durch eine primäre Schädigung des Nervensystems. Ist die motorische Nervenzelle betroffen, so führt die Denervierung zu einer Atrophie der Muskelfasern. Der Muskelschwund wird also sekundär durch einen fehlenden Nervenreiz auf die Muskelfaser ausgelöst.
Neurogene Muskelatrophien werden klinisch weiter unterteilt, je nachdem, wo die Störung lokalisiert ist. Zum einen können Defekte der Nervenzellen des Rückenmarks vorliegen, die die Muskelbewegungen auslösen. Es können aber auch Erkrankungen der peripheren Nervenfasern vorliegen. Neurogene Muskelatrophien führen zu einer Schwäche und Atrophie der Muskulatur. Erkrankungen der peripheren Nervenfasern können aber zusätzlich Empfindungsstörungen oder -verlust verursachen (wie z. B. Schmerz, Temperatur, Vibration).
Eine der häufigsten neurogenen Muskelatrophien ist die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ 1 (CMT1) mit einer Prävalenz von 1-5 / 10 000. Eine weitere, relativ häufige „seltene Erkrankung“ ist die Spinale Muskelatrophie 5q (SMA), bei der ungefähr eines von 7.000 Neugeborenen betroffen ist. Da eine frühe medikamentöse Therapie besonders gute Ergebnisse zeigt, wurde ab Oktober 2021 eine genetische Analyse auf SMA in das Neugeborenen-Screening aufgenommen.
Bei den Myopathien handelt es sich um eine Reihe von sehr heterogenen Krankheitsbildern, bei denen die Muskelfasern selbst geschädigt werden. Die Ursachen können durch äußere Einflüsse verursacht werden oder genetisch bedingt sein. Diese genetisch bedingte Erkrankungsgruppe kann weiter unterteilt werden, je nachdem, was die Störung verursacht.
Unterschieden werden dabei vor allem die Gruppen der kongenitalen Muskeldystrophien und der kongenitalen Myopathien.
Bei den kongenitalen Muskeldystrophien sind vor allem Proteine betroffen, die in der Muskelzellwand/Basalmembran angesiedelt sind und mit einem fortschreitenden Verlust an funktionsfähiger Muskelsubstanz einhergehen. Die phänotypische Ausprägung kann sehr unterschiedlich sein und ist auch innerhalb einer Familie sehr variabel. Die häufigsten Muskeldystrophien betreffen die Muskeldystrophie Duchenne oder Becker mit einer Prävalenz von DMD 1 : 3500 / BMD 1 : 20000 im männlichen Geschlecht, die Myotonen Dystrophien mit einer Prävalenz von ca. 1 : 20000 in Deutschland und die Fazioscapulohumerale Dystrophie (FSHD) mit einer Prävalenz von 0,4 – 1 : 10 000.
Demgegenüber sind bei den kongenitalen Myopathien Proteine betroffen, die in den Muskelzellen für die Entwicklung reifer Muskulatur von Bedeutung oder an der Kontraktion beteiligt sind. Die kongenitalen Myopathien liegen in der Regel von Geburt an vor und verlaufen meist langsam oder nicht progredient. Auch schwere, fatale Formen, aber auch spätmanifestierende Formen des Erwachsenenalters sind bekannt. Im Vordergrund stehen Muskelschwäche und –schwund, symmetrische, proximale Paresen ohne Sensibilitätsstörung. Zu den häufigeren, länger bekannten und damit „klassischen“ kongenitalen Myopathien gehören die Central Core Disease (CCD), die Zentronukleäre Myopathie (CNM) und die Nemaline Myopathie (NM). Es handelt sich um eine sehr seltene Krankheitsgruppe mit einer geschätzten Prävalenz von ca. 1:25000. Die häufigste Ursache der kongenitalen Myopathien sind autosomal-dominante und auch autosomal-rezessive pathogene Varianten im RYR1-Gen.
Aufgrund von vielen bereits vorhandenen Therapieoptionen auf dem Gebiet der Neuromuskulären Erkrankungen ist eine effektive Verbesserung der Früherkennung und Behandlung der Betroffenen nicht nur wünschenswert, sie kann lebensrettend sein. Eine Früherkennung ist daher wichtig für den Betroffenen, ebenso wie auch für noch nicht erkrankte Anlageträger in der Familie.
Unsere Unterstützung bei der DNA DIAGNOSTIK in Hamburg
Genetische Beratung
Wenn in Ihrer Familie gehäuft Neuromuskuläre Erkrankungen auftreten, kann eine humangenetische Beratung sinnvoll sein. Ziel dieser Beratung ist es, Sie umfassend und in Ruhe zu informieren. Dabei erheben wir eine ausführliche Anamnese und erstellen einen Familienstammbaum über mindestens drei Generationen. Falls gewünscht, besprechen wir zudem die Möglichkeiten einer genetischen Diagnostik. Nach Abschluss der Beratung haben Sie ausreichend Bedenkzeit, um in Ruhe zu entscheiden, ob Sie eine Testung wünschen.
Zeigt der Familienstammbaum Hinweise auf eine genetisch bedingte Neuromuskuläre Erkrankung, übernehmen die Krankenkassen in der Regel die Kosten für den Gentest. Eine frühzeitige Diagnose eröffnet bessere Chancen für Prävention und Therapie. So kann frühzeitig geprüft werden, ob und welche Medikamente einer nachfolgenden Behandlung sinnvoll sind und welche Präventionsstrategien gewählt werden sollten. Neben den eigenen gesundheitlichen Sorgen und Ängsten kann das Wissen über ein familiär bedingt erhöhtes Risiko für das Auftreten einer solchen Erkrankung eine große psychische Belastung darstellen, insbesondere für erkrankte Eltern. Weitere Familienmitglieder können auf diese Weise gezielt getestet und ggf. bezüglich eines erhöhten Erkrankungsrisikos entlastet werden.
Der Nachweis einer ursächlichen genetischen Variante ermöglicht eine:
- Ursachenabklärung
- Präventions- und Therapieplanung
- Abschätzung von Erkrankungswahrscheinlichkeiten innerhalb einer Familie
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Genetische Diagnostik
Neuropathie, Charcot-Marie-Tooth Typ 1A, 1B, X1
Neuropathie, hereditäre motorisch sensible (HNPP; PMP22)
Spinale Muskelatrophie, proximale (5q-SMA)
Muskeldystrophie, Duchenne / Becker (DMD) (Panel ID 0075)
Myopathien und Dystrophien, Kongenitale (Panel ID 0076)
Maligne Hyperthermie (Panel ID 0084)
Statin-assoziierte Myopathie (Panel ID 0105)