OMIM: | 191740, 143500, 237900 |
Diagnostik: | Untersuchung auf das Vorliegen der Allele UGT1A1*6 (rs4148323) und UGT1A1*28 ((rs3064744) |
Material: | 2 ml EDTA-Blut |
Analysezeit: | 2 Wochen |
Formulare: |
Das Gilbert-Meulengracht-Syndrom ist die häufigste, benigne Störung des Bilirubinstoffwechsels. Sie führt zu einer chronischen, nicht hämolytischen Hyperbilirubinämie und beruht auf einer genetisch bedingten, verminderten Funktion der UDP-Glukuronyltransferase 1A1 (UGT1A1) auf ca. 30% der Norm. Eine weitere klinische Bedeutung besteht in einem gestörten Stoffwechsel von Irinotecan-haltigen Arzneimittel.
Der klinische Verlauf beim Gilbert-Meulengracht-Syndrom kann asymptomatisch sein oder unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, abdominelle Schmerzen, Übelkeit verursachen. Bei Neugeborenen mit Gilbert-Meulengracht-Syndrom kann der Neugeborenen-Ikterus schwerer verlaufen und länger andauern. Umweltfaktoren, wie Infekte bzw. Ernährungsgewohnheiten wie Alkohol, Rauchen oder Fasten spielen eine modifizierende Rolle und sollten gemieden werden.
In ca. 80% der Fälle liegt dem Gilbert-Meulengracht-Syndrom ein Promotor-Polymorphismus im UGT1A1-Gen (UGT1A1*28-Allel) zugrunde. Es handelt sich dabei um die Verlängerung einer Abfolge von sechs TA-Nukleotiden (TA 6) auf sieben TA-Nukleotide (TA 7). Liegt die Verlängerung (TA 7) homozygot vor, ist die Bildung von UGT1A1 stark erniedrigt. Beim Genotyp 6/7 (heterozygot), werden mittlere Mengen UGT1A1 gebildet und der Genotyp 6/6 (homozygot für 6 TA-Wiederholungen) ist mit normwertigen UGT1A1-Spiegeln assoziiert.
Eine weitere klinische Bedeutung besteht in einem gestörten Stoffwechsel von Irinotecan-haltigen Arzneimitteln (Abrechnung über Festziffer: GOP 32868). Eine UGT1A1-Genotypisierung wird daher vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor Beginn einer systemischen Therapie mit irinotecanhaltigen Arzneimitteln bei Personen mit Darmkrebs empfohlen, um langsame UGT1A1-Metabolisierer mit einem erhöhten Risiko für schwere Neutropenien und Durchfälle zu identifizieren. Dieses Risiko steigt mit der Dosis von Irinotecan.
Bei Vorliegen einer Homozygotie für *28/*28 oder *6/*6 bzw. compound Heterozygotie *28/*6 wird eine geringere Irinotecan-Initialdosis empfohlen. Dies gilt insbesondere für Patienten, denen Dosen von über 180 mg/m² verabreicht werden, oder die geschwächt sind. Eine genaue Reduktion der Anfangsdosis wurde bislang nicht ermittelt. Bei der betroffenen Patientengruppe sollten daher die geltenden klinischen Leitlinien für Dosisempfehlungen berücksichtigt werden. Bei guter Verträglichkeit können nachfolgende Dosen erhöht werden. Zu berücksichtigen ist zudem, daß die prognostische Aussagekraft einer Genotypisierung vor der Behandlung zur Vermeidung von schwerer Neutropenie und Durchfall nur eingeschränkt gegeben ist, da der UGT1A1-Polymorphismus nicht die gesamte Toxizität einer Irinotecan-Therapie bestimmt.
Indikation:
- V.a. Gilbert-Meulengracht-Syndrom
- Bei deutlich erhöhten unkonjugierten und Gesamt-Bilirubinwerten unklarer Ätiologie
- Vor systemischer Therapie mit einem irinotecanhaltigen Arzneimittel