OMIM: | 230400 |
Diagnostik: | Sequenzierung: GALT |
Material: | 2 ml EDTA-Blut |
Analysezeit: | 2-4 Wochen |
Formulare: |
Die Galaktosämie ist eine angeborene, unbehandelt, schwer verlaufende, Stoffwechselstörung, die sich i.d.R im Neugeborenenalter manifestiert und durch die erhöhte Konzentration von Galaktose und Galaktose-1-Phosphat im Blut gekennzeichnet ist. Häufigste Ursache der klassischen Galaktosämie ist ein genetisch bedingter, teilweiser oder vollständiger, Mangel an Galaktose-1-Phosphat-Uridyl-Transferase (Abk.: GALT), der zu einem gestörten Abbau der Galaktose führt.
Die klassische Galaktosämie manifestiert sich etwa ab dem 4. Lebenstag nach dem Beginn der Zufuhr von Galaktose in Form von Muttermilch oder Säuglingsnahrung. Klinisch imponiert eine Gedeihstörung, die mit Trinkschwäche, Gewichtsabnahme, Erbrechen, Diarrhö und Hypoglykämie einhergeht. Im weiteren Verlauf kann es zu Leberfunktionsstörungen, Hepatomegalie, Ikterus (hämolytische Anämie), Nierenfunktionsstörungen (Fanconi-Syndrom), einem erniedrigten Quick-Wert, einer metabolischen Azidose und beidseitigen Trübungen der Augenlinsen (Katarakt) kommen (Galaktose wird durch eine Aldosereduktase zu Galaktitol umgewandelt, für das die Augenlinse impermeabel ist). Oft machen sich Zeichen einer schweren, der Sepsis ähnlichen, Infektion bemerkbar. Unerkannt kann es zu neurologischen und kognitiven Defiziten kommen.
Bei über 80% der weiblichen Patienten findet sich ein hypergonadotroper Hypogonadismus mit Ovarialinsuffizinez. Klinisch entwickelt sich eine primäre Amenorrhö und die Pubertätsentwicklung und Fertiliät sind typischerweise gestört. Männliche Patienten mit Galaktosämie zeigen keine Störungen der Hormone oder der Pubertät.
Die Untersuchung auf Galaktosämie wird in Deutschland im Rahmen des Neugeborenenscreening ab der 36. Lebensstunde durchgeführt. Dazu wird ein Tropfen Blut an der Ferse entnommen und die Galaktosekonzentration im Blut bestimmt (Beutler-Test). In den Fällen, in denen beim Neugeborenenscreening eine leicht verringerte Enzymaktivität (meist ein Viertel der Normalaktivität) entdeckt wird, handelt sich nicht um eine klassische Galaktosämie, sondern i.d.R. um die sogenannte DUARTE-D2-VARIANTE. Diese Kinder zeigen keine, oder nur leichte Zeichen einer Erkrankung und müssen keine lebenslange spezielle Diät einhalten. Die reduzierte Enzym-Aktivität reicht aus, um die dem Körper zugeführte und die körpereigene Galaktose entsprechend umzuwandeln.
Die symptomatische Behandlung besteht in einer lebenslangen, laktosefreien bzw. galaktosearmen Diät. Nach der Umstellung auf laktosefreie Milch bessert sich der Zustand des Kindes innerhalb weniger Tage. Die Leberschädigung und die Trübung der Augenlinse bilden sich in der Regel vollständig zurück. Außer der exogenen Zufuhr von Galaktose findet auch eine endogene Produktion statt. Beim Erwachsenen werden pro Tag 1.000 bis 1.300 mg Galaktose gebildet. Langfristig kann es bei Patienten mit einer klassischen Galaktosämie durch den Anstau von Stoffwechselprodukten aus der körpereigenen Galaktosebildung zu Beeinträchtigungen kommen.
Verursacht wird die Galaktosämie durch Mutationen im GALT-Gen, das auf Chromosom 9 kartiert. Der Erbgang ist autosomal-rezessiv. Personen mit der DUARTE-D2-VARIANTE haben neben einer schweren, klassischen Mutation vom anderen Elternteil die milde, sogenannte Duarte-Variante (N314D) geerbt. Zur Zeit kann davon ausgegangen werden, dass Personen mit der DUARTE-D2-VARIANTE die Galaktose ausreichend abbauen und keine Diät halten müssen. Sie sind aber Anlageträger der klassischen Galaktosämie.
Indikation:
- Gentest bei auffälligem Neugeborenenscreening
- bei Neugeborenen mit Trinkschwäche und Erbrechen etwa ab dem 4. Lebenstag
- bei Neugeborenen mit Gedeihstörung, Leber- Nierenfunktionsstörungen und Katarakt
- bei betroffenen Mädchen mit Hypogonadismus und Fehlfunktion der Ovarien