Kürzlich berichteten Wissenschaftler der Universität Heidelberg und das Unternehmen HeiScreen, einen Bluttest entwickelt zu haben, um Brustkrebs diagnostizieren zu können. Leider stellte sich heraus, dass dieser Test noch nicht ausgereift und zuverlässig genug ist. Trotzdem könnte er schon bald die Zukunft darstellen.
Bislang lässt sich eine Brustkrebserkrankung nur mit bildgebenden Verfahren wie Mammographie, Ultraschall oder MRT und nachfolgender Stanzbiopsie feststellen. Diese Instrumente weisen jedoch den Nachteil auf, dass sie vergleichsweise aufwendig sind, die bildgebenden Verfahren nicht immer einen Tumor darstellen können und den Patienten teilweise Strahlenbelastungen aussetzen. Der Heidelberger Bluttest hingegen setzt darauf, anhand von Biomarkern eine Diagnose stellen zu können. Biomarker sind messbare biologische Merkmale oder Eigenschaften, die eine prognostische oder diagnostische Aussagekraft besitzen und deshalb als Indikator für eine Erkrankung und ihrer diagnostischen Absicherung taugen. Sie lassen sich vorrangig im Blut oder Gewebe nachweisen. Für den Heidelberger Bluttest reichen lediglich ein paar Tropfen aus, um ihn durchführen zu können.
Krebszellen schwimmen im Blut
HeiScreen nutzt dazu eine Methode, die sich Liquid-Biopsy nennt. Wenn ein Tumor wächst, gelangen seine Zellen in die Blutbahn. Tumorzellen weisen jedoch andere Eigenschaften auf als normale Blutzellen. Liquid-Biopsy ermöglicht es, die Krebszellen zu identifizieren und zu bestimmen. Zudem lassen diese sich in einem nächsten Schritt von den normalen Blutzellen isolieren. Auf diese Weise können Teile der Tumor-DNA untersucht werden.
Weitere Studien notwendig
Kurz nachdem die Forscher ihren Bluttest der Öffentlichkeit präsentierten, entzündete sich jedoch Kritik an der Zuverlässigkeit des Bluttests. HeiScreen bezifferte seine Sensitivität – also die Treffsicherheit einer richtigen Diagnose – mit 75 Prozent. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Bluttest bei 25 Prozent der Probanden eine Erkrankung übersah.
Zudem machte HeiScreen keine Angaben über die Falsch-Positiv-Rate. Dieser Wert beziffert, wie häufig ein Test fälschlicherweise Krebs diagnostiziert – eine wichtige Information, um die Wirksamkeit von Testverfahren vergleichen zu können. Die Spezifität fällt umso geringer aus, je höher seine Falsch-Alarm-Rate ausfällt. Aus diesen Gründen hält es der Deutsche Krebsinformationsdienst für zweifelhaft, dass der Heidelberger Bluttest in seiner derzeitigen Form eine Verbesserung gegenüber einer herkömmlichen Früherkennung mittels der o.g. Verfahren darstellt. Zudem kritisierte er, dass die Forscher ihre Ergebnisse lediglich auf einem Kongress vorgestellt hätten, ohne jedoch belastbare wissenschaftliche Studien vorweisen zu können. Ihre Ergebnisse beruhen allein auf einer bisher noch unveröffentlichten Studie mit 900 Frauen. Deshalb ließe sich bisher die Wirksamkeit dieser Methode nicht hinreichend beurteilen.
Skeptisch zeigte sich auch die Deutsche Krebsgesellschaft. In einer gemeinsamen Stellungnahme mit anderen medizinischen Fachgesellschaften äußerte sie sich zwar grundsätzlich positiv zur Liquid-Biopsy-Technologie, warnte jedoch vor einer verfrühten Anwendung. Sie forderte weitere Studien, um eine breitere Datenbasis zu erhalten, um zu einer Bewertung zu gelangen.
Noch nicht marktreif
Die Liquid-Biopsy-Technologie verfügt möglicherweise über das Potential, die herkömmlichen bildgebenden Verfahren als primäres diagnostisches Mittel der Wahl abzulösen. Dies setzt jedoch voraus, dass sie sicher funktioniert und eine bessere Sensitivität aufweist als die bildgebenden Verfahren. Ob und wann das der Fall sein wird, lässt sich derzeit jedoch nicht einschätzen. Nach Auskunft von HeiScreen will das Unternehmen bis Ende des Jahres seinen Bluttest im Labor optimieren und zur Marktreife bringen. Es befindet sich nach eigener Aussage im Gespräch mit den Krankenkassen, um den Test flächendeckend anzubieten.