Frauen mit Mutationen in den Genen BRCA1 (Breast Cancer) oder BRCA2 haben ein hohes Lebenszeitrisiko, an einem Mamma- oder Ovarialkarzinom zu erkranken. Exakte Risikoberechnungen aus retrospektiven Untersuchungen sind kaum möglich und/oder werden durch zahlreiche Faktoren erschwert. Für präzise Aussagen sind prospektive Studien mit großen Kohorten erforderlich, in denen die Mutationsträgerinnen aufgrund ihres Mutationsstatus aufgenommen und über lange Zeit beobachtet werden. Eine prospektive multinationale Kohortenstudie ermöglicht nun die langfristige Schätzungen der Krebsinzidenz in dieser Hochrisikopopulation. (Quelle: Senolog)
Frauen wurden von 1997 bis 2011 in diese Kohorte rekrutiert und es war keine risikomindernde Brustoperation oder gynäkologische Chirurgie erfolgt; eine Nachbeobachtung erfolgte bis 2013 (im Median 5 Jahre). Insgesamt wurden 6036 BRCA1- und 3820 BRCA2-Mutationsträger beobachtet (mittleres Alter bei Studieneintrag 38 Jahre). Die Ergebnisse von fast 10.000 Teilnehmerinnen wurden federführend von Dr. Karoline Kuchenbaecker, Wellcome Trust Sanger Institute, Universität von Cambridge, im Journal of the American Medical Association publiziert. Die Frauen wurden zwischen 1997 und 2011 in die Studie aufgenommen. 6036 von ihnen waren BRCA1- und 3820 BRCA2-positiv. 5046 Teilnehmerinnen hatten zu Studienbeginn keinen Krebs, 4810 hatten Brustkrebs, ein Ovarialkarzinom oder beides. Bis 2013 waren nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren 426 Frauen neu an Brustkrebs und 109 an einem Ovarialkarzinom erkrankt. Bei 245 Patientinnen hatte sich ein Karzinom in der kontralateralen Brust entwickelt.
Das kumulierte Risiko für ein Ovarialkarzinom bis zum Alter von 80 Jahren betrug bei BRCA1-Trägerinnen 44% (95%-KI: 36 bis 53%) und bei BRCA2-Trägerinnen 17% (95%-KI: 11 bis 25%).
Das kumulierte Risiko, 20 Jahre nach der Brustkrebsdiagnose an einem kontralateralen Mammakarzinom zu erkranken, betrug bei BRCA1-Mutation 40% (95%-KI: 35 bis 45%) und
bei BRCA2-Mutation 26% (95%-KI: 20 bis 33%).
Das Brustkrebsrisiko nahm bei BRCA1- und BRCA2-Trägerinnen weiter zu, je mehr direkte Familienangehörige ersten und zweiten Grades ebenfalls an einem Mammakarzinom erkrankt waren. Das Risiko ist demnach fast verdoppelt, wenn mindestens zwei Angehörige erkrankt sind und zwar im Vergleich zu Frauen mit negativer Familienvorgeschichte (gilt nur für Brust- und nicht für Eierstockkrebs). Altersbezogen zeigt sich der Häufigkeitsgipfel im Alter von 41-50 für BRCA1-Trägerinnen und im Alter von 51-60 für BRCA2-Trägerinnen auf. Die Häufigkeit von Eierstockkrebs war 3,6 mal höher bei BRCA1 als bei BRCA2-Trägerinnen und am häufigsten im Alter von 61-70 unabhängig vom Mutationstyp. Nicht zuletzt ist das Krebsrisiko unterschiedlich hoch, je nachdem wo die Mutation in den beiden Genen lokalisiert ist.
Da die meisten Teilnehmer in dieser Kohortenstudie “Previvors” waren (d.h. bislang keinen Brust- oder Eierstockkrebs hatten) und nur aufgrund der Familiengeschichte identifiziert wurden, sind diese Risikoschätzungen von besonderer Bedeutung für BRCA-Trägerinnen, die im Rahmen eines solchen Tests identifiziert wurden. Insbesondere sind diese Erkenntnisse hilfreich für Frauen mit einem hohem Risiko, wenn sie Entscheidungen über Überwachungs- und Risikominderungsstrategien (einschließlich Chemoprävention und Chirurgie) treffen müssen. Diese Ergebnisse stützen nach Ansicht der Wissenschaftler die Forderung, Frauen individuell anhand der Familienanamnese und der Ergebnisse von BRCA-Genanalysen zu beraten. Insbesondere erlauben es diese Erkenntnisse Frauen mit hohem Risiko besser über Entscheidungen hinsichtlich Überwachungs- und Risikominderungsstrategien (einschließlich Chemoprävention und Chirurgie) zu informieren. (Quelle: Senolog)
Die Senologie beschäftigt sich mit den biologischen, physiologischen und anatomischen Grundlagen, über diagnostische und therapeutische Verfahren bis hin zu Nachsorge und Prophylaxe von Erkrankungen der Brust. Den Link zum Informationsportal finden Sie hier.
Frau Dr. med. Usha Peters unterstützt Senolog mit ihrer Expertise bei der Recherche in der Rubrik Genetik und Molekularbiologie.